Versorgung, Garten und die Dienstwege

Ein Stück Laufer Stadtgeschichte


Die weitere Versorgung

Die Stadt dachte bei der Stammarbeitersiedlung auch an alles. Neben den Versorgungsleitungen waren weitere Versorgungen von nöten. Die erste war ein Lebensmittelgeschäft und die andere eine Gastwirtschaft.

Diese wichtigen Lokale konnte man natürlich nicht in einem bescheidenen Siedlerhaus unterbringen. Deshalb kaufte die Stadt zwei Grundstücke von der Bayerischen Heimstätte wieder zurück und gab sie an den Kaufmann Wilhelm Fischer und den Kulturvorarbeiter und früheren Metzger Georg Perl.
Nun entstanden in der Siedlung zwei überragende Gebäude wie Herrschaftssitze über Stammarbeiter. Beide lagen gegenüber, beide sorgten für Konsum und Kommunikation. Auf der einen Seite ein Kolonialwarenladen als Lebensmittelgeschäft und auf der anderen die Metzgerei mit Gastwirtschaft.


Saat und Ernte

Am 26. Oktober 1938 hat der Laufer Gartenbauverein die Bewohner der Stammarbeitersiedlung zu einer Besprechung eingeladen. Es war die erste aktenkundige Siedlerversammlung.
Hier wurden die neuen nebenberuflichen Gärtner und vornehmlich die Siedlerfrauen fach- und sachgemäß geschult, um eine schöne und ordnungsgemäße Anlage der Gärten zu erreichen. Kohl und Kräuter sollten unter Obst und Beeren genauso gut gedeihen, wie Rettich und Radieschen. Der Gartenbauverein erläuterte die Geheimnisse einer nahrungsreichen Natur.
Der Bürgermeister, der davon erfuhr, und zur gleichen Zeit im Rathaus eine Stadtratssitzung leitete, dankte dem Gartenbauverein für sein vorbildliches Wirken. Die Stadträte aber, die sich auch für einen erfolgreichen Gemüsegarten interessierten, gingen nach der Sitzung sofort noch zu dem Vortrag und ließen sich darüber belehren, wie Saat und Ernte auszusehen haben. Diese Vorträge wurden in der Siedler-Wirtschaft noch oft wiederholt.

Abstand zum Stadtkern

Im Dezember 1938 wurde der Nordhang zum sogenannten Himmelbach zur Abrundung des Geländes der Stammarbeitersiedlung von der Laufer Almosenstiftung an die Bayerische Heimstätte verkauft und an die Anlieger verpachtet. Der Erlös wurde dem Stiftungsvermögen, einer freiwilligen sozialen Einrichtung der Stadt zugeführt.
Damit war die südlichste Bastion der Stadterweiterung als Stammarbeitersiedlung erstellt. Ein Gegenstück zur Kunigundensiedlung oder ein Bollwerk zur Röthenbacher Seespitze.
Eine städtische Gemeinschaft mit großem Abstand.
Laufer Siedler in einer neuen Heimat.

Enteignen oder Einkreisen

Zwischen Weihnachten und Sylvester 1938 gab die Stadt ihre Absicht bekannt, daß die Stammarbeitersiedlung im kommenden Jahr erweitert wird, es sollte ja die größte und schönste werden. Diesmal sollte eine Anzahl von Siedlungshäusern durch den Bau von Mietwohnungen ergänzt werden, 96 Wohnungen und 41 Häuser.

Zunächst stand wieder der Grundstückserwerb auf dem Plan. Wer nicht freiwillig verkaufte, dem drohte die Enteignung, oder wie der Bürgermeister an den Rechtsbeistand eines Verweigerers schrieb, wird einfach um das Grundstück ringsherum gebaut, so daß der Besitzer nichts mehr mit anfangen kann. 


Einschränkung der Erweiterung

Im Jahre 1939 war eine vierstündige Verhandlung beim Notariat erforderlich, um Grundstücke durch Kauf und Tausch zu erwerben. Die Wohnungsnot in Lauf war immer noch katastrophal.

Trotz größter Anstrengungen hat es die Stadt nicht vermocht, dem Übel wirksam abzuhelfen. Als weiteren Schritt hat sie geplant, die Stammarbeitersiedlung mit einem Kostenaufwand von über 1 Million Mark zu erweitern.
Doch dann teilte die Ortsplanungsstelle bei der Regierung in Ansbach mit, daß sie für die Genehmigung des Flächennutzungsplanes, betreffend die Erweiterung der Siedlung, nicht mehr zuständig ist. Der Flächennutzungsplan wird jetzt vom Staatsministerium gebilligt, wenn er im Vierjahresplan aufgenommen ist, aber der Leiter der Reichsstelle für Wirtschaftsbauten nahm ihn nicht auf, weil die Wohnstätten als Werkswohnungen nicht im Zusammenhang mit Industrieausweitungen oder Produktionssteigerungen standen.

Dienstwege

Am 18.12.1939 teilte der Reichsarbeitsminister mit, daß bis Herbst 1940 keine Baustoffe mehr geliefert werden können und deshalb keine neuen Kleinsiedlungen in Angriff zu nehmen sind. Der Ministerpräsident und der Reichsbeauftragte für Eisen und Stahl - so etwas gab es damals - hatten ebenfalls Erlasse ausgesandt, in denen die Einschränkung der Bautätigkeiten angeordnet wurde. Eingeschränkt war auch der Druck von Amtsblättern. Der Bürgermeister erhielt Erlasse vom Landrat zur Einsicht und mußte sie wieder zurückgeben. Nachdem sie aber für die Fortführung der Stammarbeitersiedlung so wichtig waren, Kopierer nicht zur Verfügung standen und Abschreiben aussichtslos erschien, und weder vom Laufer Landrat noch vom Regierungspräsidenten in Ansbach ein Exemplar zu erhalten war, schrieb der Bürgermeister von Lauf an den Reichsminister des Innern in Berlin die Bitte, einen Abdruck zu überlassen. Der Minister in Berlin antwortete postwendend an das Bayerische Staatsministerium, daß Erlaßabdrucke nicht zur Verfügung stehen und der Bürgermeister von Lauf in Zukunft den Dienstweg einzuhalten habe.

Rundbriefe

Der erste Rundbrief an sämtliche Siedler der Stammarbeitersiedlung kam vom Bürgermeister. Am 16. April 1940 teilte er den Siedlern mit:

"Anläßlich einer Besichtigung der Siedlung wurde festgestellt, daß eine Anzahl von Schuppen, Häuschen und Ställen ohne Genehmigung errichtet wurden. Durch die meist sehr unschönen Bauwerke verliert die als mustergültig anerkannte Siedlung ihren Charakter und wird sehr verunstaltet."

Die Kreispolizeibehörde und das Stadterweiterungsamt Nürnberg werden eine einheitliche Regelung für Anbauten entwerfen und einen Gesamtplan ausarbeiten. Die Siedlung durfte nicht weiter verunstaltet werden und der Bürgermeister schloß mit den Worten: "Da nach meinen Beobachtungen die Siedler im allgemeinen bestrebt sind, ihr Besitztum so schön und zweckmäßig wie möglich zu gestalten, nehme ich an, daß sie meine Anordnung als in ihrem eigenen Interesse gelegen anerkennen und deshalb genauestens beachten."

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 Die Chronik

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