Menschen, Regierung und die Stadt Lauf II

Ein Stück Laufer Stadtgeschichte


Zuerst der Name

Für den Grundstückserwerb mußte ein Makler eingesetzt werden und für die Reichsförderung eine Bauträgergesellschaft. Der Bauverein der Stemag, der hierfür gewonnen werden sollte, um für seine Stammarbeiter die Siedlung zu errichten, hatte bereits Werkswohnungen in der Krämerstraße fertiggestellt und zog sein Interesse wieder zurück. Er ließ drei Bauplätze reservieren und hatte zum Schluß nur noch ein Haus erstellt. Viele Laufer Betriebe schenkten der Stadt erhebliche Beträge zum Bau der Siedlung und sicherten sich dadurch eine Heimstätte für ihre Stammarbeiter.

So kam die Siedlung zu ihrem Namen, noch bevor der Bau begann; denn die bis dahin verwendete Bezeichnung "neue Siedlung" oder "Siedlung links" war ebenso charakterlos, wie der spätere Name nach einem stellvertretenden Gauleiter, der genauso vergänglich war, wie das ganze Regime.

Ein geschlossener Block

Nachdem sich in Lauf keine Baugesellschaft fand, die aber zur Zuschußberechtigung erforderlich war, wurde auf Antrag der Stadt die Bayerische Heimstätte GmbH in München Trägerin der geplanten Stammarbeitersiedlung. Am 17.12.1937 verkaufte die Stadt die benötigten Flächen an diese Treuhandstelle für Wohnungs- und Kleinsiedlungswesen. Tatsächlich lagen die folgenden Arbeiten weiterhin in den Händen der Stadt. Sie mußten nur in jedem Einzelfall aus München abgesegnet werden.

Die Stadtverwaltung führte die Vorverhandlungen zur Finanzierung, Typenbestimmung, Siedlerauswahl und Grundstücksbeschaffung und erklärte sich auch bereit, die Bauleitung zu übernehmen.
Sie umfaßte die Fertigung der Pläne, Ausschreibung und Vergabe der Arbeiten, Überwachung der Bauausführung, Anweisung der Rechnungen und Prüfung der Abrechnung.
Schon im März 1937 entwarf der Stadtbaumeister ein Stammarbeiter-Siedlungshaus mit einem kleinen separat angebauten Stall für Hühner und Hasen, Gänse und Geißen, "Siedlerküh" genannt.
Der getrennt angebaute Stall sollte den Vorteil haben, daß einerseits die unvermeidlichen Stalldünste nicht in das Wohnhaus gelangen und andererseits der Amoniakgehalt des Stalldunstes die Wohnhausmauer nicht angreifen kann. Aber das Heimstättenamt trat dafür ein, daß der Stall mit der Wohnung unter ein Dach zu stehen kommt, damit der Baublock geschlossen ist.

Auftragsvergabe

Im Juli 1937 ging die erste Bestellung an eine Nürnberger Firma zur Lieferung von 1.700m gußeiserne Druckmuffenrohre, um eine Wasserleitung vom Stadtrand zum Laufer Feld zu legen, und am 20.September 1937 hat der Stadtrat die Arbeiten an Laufer Handwerksmeister vergeben. Jeder bekam einen Anteil, mußte ihn aber zu dem niedrigsten Angebot ausführen. Vier Laufer Baufirmen und drei Zimmereien sollten sich die 49 geplanten Häuser teilen. Nur einer war in Lauf konkurrenzlos und bekam den Auftrag allein: der Dachdecker.

Kontrollnummern in der Planwirtschaft

Da zu dieser Zeit das Eisen zur Aufrüstung verwendet wurde und man daher nicht mehr so ohne weiteres gußeiserne Druckmuffenrohre kaufen konnte, warteten alle Handwerker auf die Wasserleitung, ohne die kein einziges Haus aufzumauern war. Damit alles seine Ordnung hatte, stellte die Reichsregierung einen Vierjahresplan auf und verteilte Kontrollnummern zur Eisenlieferung.
So kam es dann, daß die Lieferanten Leitungen hatten, aber die Stadt keine Kontrollnummern, und als der Stadt die Kontrollnummern zugewiesen wurden, hatten die Lieferfirmen keine Rohre mehr. Am 21.November 1937 schrieb der Bürgermeister einen erbosten Brief an die Reichsgruppe Energiewirtschaft in Berlin: "Wir bitten um beschleunigte Behandlung unseres Antrages, da die Wasserleitung noch vor Einbruch der Frostperiode gelegt werden soll. Von der Verlegung dieser Leitung hängen die gesamten Bauarbeiten und damit die Beschäftigung einer größeren Anzahl Bauarbeiter ab."
Am 8.November 1937 konnte endlich der Wasserleitungsbau beginnen. Als die Rohre ankamen, wurden sie neben der Röthenbacher Straße auf einer Länge von 750 m in einer Tiefe von 1,60 m verlegt.

Zum Bau der Siedlung selbst wurden insgesamt 24.250 kg Eisen benötigt, von den Formeisen für Maurerarbeiten über Installationen bis zu den Kaminputztürchen und Waschküchengullys. Eine genaue Aufstellung hierüber mußte die Stadt vorher dem Arbeitsamt zur Genehmigung nach der "Verordnung zur Einsparung von Baustoffen" vorlegen. Für die Verwendung eines eisernen Maschendrahtes zur Einzäunung der Grundstücke bedurfte es einer juristischen Auslegung. "Eine Einzäunung darf für Heimstätten nicht gefordert werden", stand in der Vorschrift. Wenn sie aber geplant und bezahlt wird, so die Stadt, dann muß sie auch genehmigt werden. Die Stadt bekam recht, und an manchen Stellen, eingewachsen in Hecken aus Liguster, rostet der Maschendraht von damals noch heute vor sich hin.

Mit den erforderlichen Kontrollnummern der Reichsgruppe Energiewirtschaft hatte die Stadt während der ganzen Bauzeit zu jonglieren, und das Heimstättenwerk half dabei.
Als einmal Kontrollnummern für Beschlägeisen fehlten, aber für Trägereisen zu viel ausgegeben wurden, fand ein Austausch der Materialien mit Sulzbach-Rosenberg statt. Die brauchte nämlich für ihre Siedlung Trägereisen und gab dafür eiserne Beschläge.
Ein Laufer Installateur wurde ganz verwirrt, als ihm die Bayerische Heimstätte mitteilte, er solle sich Röhren von seiner Lieferfirma ohne Nummern leihen lassen bis die Lieferfirma Ersatz aus München erhält, wo Kontrollnummern übrig waren.
So funktionierte die Planwirtschaft.

Der Wald soll helfen

Mit dem Beginn der Bauarbeiten auf dem Siedlungsgelände spekulierte auch eine Erbengemeinschaft zur Nutzung des angrenzenden Waldes. Zum Antrag auf Abholzung stellte der Kreisheimatpfleger und Bezirksbeauftragte für den Naturschutz am 10.2.1938 folgendes fest: "Östlich des Waldgrundstückes wird eine Stammarbeitersiedlung gebaut (vorerst 49 Häuser); die Pläne sind bereits eingereicht und technisch geprüft. Die Siedlung stößt mit ihrem Süd-West-Rand unmittelbar an den Wald an; er erfüllt somit eine städtebauliche Aufgabe. Würde er verschwinden, so läge die Siedlung mitten in der Landschaft, ohne jede Anlehnung an einen von der Natur gegebenen Halt. Die Siedlung würde 'in der Landschaft schwimmen'; das wäre aber städtebaulich einer der schwerwiegendsten Fehler. Dem Waldgrundstück kommt aber auch eine landschaftsgestaltende Aufgabe zu. Der Wald bildet ein Stück des langgestreckten zusammenhängenden Waldbestandes zwischen Bahn und Himmelbach. Er gestaltet insbesondere den Nordhang des abfallenden Geländes. Würde der Wald für dauernd verschwinden, denn entstünde eine 'Zahnlücke', die den Reiz des bis an die Röthenbacher Straße reichenden Waldsaumes vernichten würde. Der Wald verdient daher den Schutz des Gesetzes. Die Beseitigung des Waldes wäre eine verunstaltende, die Natur schädigende und den Naturgenuß beeinträchtigende Änderung."
Die Stadt kaufte den Wald und sicherte dem Bezirksamt Lauf zu, daß er nicht abgeholzt wird, damit er der inzwischen fertiggestellten Stammarbeitersiedlung nicht jede an die Natur gegebene Haltung nimmt.

Erst mit Beschluß vom 13.12.1950 wurde für das Waldgrundstück ein Bebauungsplan ausgearbeitet. 1952 wurden 6 Plätze bebaut und 1960 weitere 14 vorgesehen, um Bauherren mit kleinen Bausparverträgen zu helfen.

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 Die Chronik

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