Siedlerauswahl, Partei und die Handwerker I
Ein Stück Laufer Stadtgeschichte
Siedlerauswahl I
Am 18.Dezember 1937 wurde das Laufer Feld vom Flurbereinigungsamt München vermessen. Nach dieser Vermessung sollte der Bau beginnen. Aber dann kam der Winter, und es war genau am 24. Februar 1938, als das Stadtbauamt den offiziellen Baubeginn bekannt gab.
Der Stadtrat hatte bis dahin genügend Zeit, die Siedlungsbewerber auszuwählen.
Auf der Bewerberliste standen genau 60 Gesuchsteller. Ihnen wurde nun, da die Wehrmacht immer mehr Geld verschlang, mitgeteilt, daß bei der Durchführung des Siedlungsbaues die beabsichtigte Verwendung bayerischer Staatsmittel nicht mehr zulässig ist. Die Durchführung mit Reichsdarlehen tritt wegen des längere Zeit dauernden Verfahrens in den Hintergrund. Reichsbürgschaften kamen nicht mehr in Frage. Andere Finanzierungsmöglichkeiten fehlten. Die Siedlerstellen sollten nur dann zur Errichtung kommen, wenn der einzelne Bewerber über ein Eigenkapital von mindestens 1.000,-.. Mark verfügt. Wer jetzt noch Interesse hatte und das Kapital aufbringen konnte, sollte sich melden. Von den 60 Bewerbern blieben nur noch 47 übrig. Einen nahm man hinzu, nachdem der Stadtrat über seine politische Beurteilung abgestimmt hatte. Einzelne hatten ein Anrecht durch ihren Arbeitgeber, der einen Beitrag zum Bau gespendet hatte.
Ein weiterer wurde von einer Firma, die ein Siedlungsdarlehen von 6.000,--Mark gewährte, empfohlen, womit die 49 Siedlerstellen besetzt waren.
Die Partei
Einen Monat nach Baubeginn meldete sich die Kanzlei der Regierungspartei aus Nürnberg und ersuchte den Bürgermeister, im Interesse der Geschlossenheit der Gesamterscheinung der Siedlung von der Verwendung allzu bunter und greller Farben Abstand zu nehmen. Dies galt besonders für den Fassadenputz.
Selbst die Fenster sollen einen einheitlichen Block bilden.
Gar nicht einverstanden war man mit dem Doppelhaus in der Grazer Straße. Den uniformen Vorstellungen von Reih und Glied hatten sich auch die Häuser unterzuordnen. Die Genehmigung für dieses Doppelhaus wurde nur deshalb erteilt, weil das Stadtbauamt dem Bezirksamt mitteilen mußte, daß eine Grundrißänderung nicht mehr möglich ist, weil der Grundaushub bereits erfolgte.
Die besseren Preise
Die Herstellungskosten betrugen je Haus 5.941,13 Mark. Sie lagen damit um 30,57 Mark niedriger als der Kostenvoranschlag. Der Grundstückspreis kostete 0,47 Mark pro m2. Die niedrigen Kosten hatte die Stadt auch dadurch erreicht, daß sie mit den Handwerkern Festpreise vereinbarte, die unter keinen Umständen erhöht werden durften.
Als die Elektromeister um eine Erhöhung baten, weil das Material durch Gummizoll verteuert wurde, lehnte sie der Bürgermeister ab. Er verwies auf die Gemeinnützigkeit der Siedlungsbauten und fügte hinzu: "Im Übrigen mache ich bei dieser Gelegenheit darauf aufmerksam, daß ich ständig bestrebt bin, dem Handwerk weitere Arbeit zu verschaffen, und daß ich auch bei der Wehrmacht wiederholt versucht habe, bei Durchführung von Bauten in Lauf in erster Linie das Laufer Handwerk zu berücksichtigen. Ich nehme an, daß es bei diesen Projekten möglich ist, bessere Preise zu bekommen."
Die Konkurrenz
Die Hafnerarbeiten und Lieferung der Küchenherde wurden an sechs Laufer Hafnermeister mit dem Auftrag vergeben, dazu nur Meißner Kachelplatten zu verwenden. Über diese Anordnung beschwerte sich ein Hafner, weil er selbst Ofenkacheln fabrizierte. Das hatte der Bürgermeister ganz übersehen, denn Meißner Porzellan hatte Weltgeltung und Kachelplatten versprachen dieselbe Güte, aber wenn die Erzeugnisse aus der eigenen Stadt kommen, dann selbstverständlich ordnete er die Verwendung heimischer Kacheln an.
Der Hafnermeister Michael Keilhack, unter dem Spitznamen "Bimbus" in Lauf als Original bekannt, antwortete, daß er seine Meißner Kacheln bereits beim Schwager bestellt habe und es ihm unmöglich ist, dem Wunsche des Bürgermeisters nachzukommen. "Selbst, wenn die Bestellung noch nicht erteilt wäre," schrieb er, "könnte ich solchem auch nicht entsprechen, weil Sie, Herr Bürgermeister, nicht von mir verlangen können, daß ich von meiner größten Konkurrenz am Platze Waren beziehe." Der Bürgermeister hatte ein Einsehen. Und so gibt es in einigen Siedlerküchen Meißner und in anderen Laufer Kachelplatten.
Versorgungsleitungen
Mit den Versorgungsleitungen für Strom und Gas war es genauso schwierig, wie mit der Wasserleitung. Die Holzmasten für die Hochspannungsanschluß- und Verteilungsleitung sollten noch vor Beginn der Friihjahrsbestelllung der Felder gesetzt werden, um die Landwirtschaft nicht zu beeinträchtigen. Ende Mai 1938 waren die Arbeiten in der Siedlung so weit fortgeschritten, daß die vier Laufer Elektro- Installateure die Anweisung erhielten, die Lichtleitungen in den Häusern zu verlegen. Das Stadtbauamt machte darauf aufmerksam, daß der Dachgeschoß-Ausbau im Siedlungsprogramm nicht vorgesehen und von den einzelnen Siedlern selbst in Auftrag zu geben ist. Daher war nur der Anschluß für vier Lampen im Erdgeschoß (Wohnküche, Zimmer, Kammer und Waschküche) zu installieren.
Später mußte das Städtische Werk einige Installateure rügen, denen die neuesten VDE-Vorschriften nicht bekannt waren. Sie hatten an der Decke Unterputzdosen angebracht und Leitungen an einer Lüsterklemme unzulässig zusammengeklemmt. Die Inbetriebsetzung der Anlage wurde von der Beseitigung der Mängel abhängig gemacht.
Für den Gasanschluß konnten sich zunächst nur 26, von den 49 Siedlern entschließen. Der Oberbürgermeister als Leiter der Städtischen Werke Nürnberg bestätigte zwar am 2. Mai 1938, daß die Planungsarbeiten über die Verlegung der Gasleitung zur Siedlung in Lauf im Gange sind. Aber mit der Ausführung konnte noch lange gewartet werden. Das Eisen wurde für zivile Zwecke knapp.
Die letzte Leitung war die Telefonleitung. Um im Falle einer Erkrankung oder eines Brandes schnelle Hilfe aus Lauf anfordern zu können, sollte in einem Siedlerhaus ein Telefon für alle angeschlossen werden. Dazu machte die Post Auflagen. Es wäre noch gegangen, wenn nur der Aushang mit der Aufschrift "Öffentlicher Fernsprecher" an einer von außen in die Augen fallenden Stelle anzubringen gewesen wäre, aber die Mindesteinnahme der Ortsgesprächsgebühren von monatlich 12,--Mark konnte nicht gewährleistet werden. Das war der Betrag einer damaligen halben Wohnungsmiete und bedeutete monatlich 120 Ortsgespräche. Bei 49 sparsamen Siedlern erschienen sie unmöglich. Da aber in der Siedlung der städtische Wasserwerkmeister wohnte, bekam dessen Haus ein direktes Fernsprechkabel zu den Städtischen Werken.
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